Elsternest

Orte der Zuflucht

Wie entsteht Empathie für das Schicksal der Flüchtlinge? In dem man ihnen begegnet, von Mensch zu Mensch. Viele Vorurteile zerstreuen sich, wenn ein persönliches Treffen stattfindet. Das dachte sich auch die Anstifterin und Lehrerin Dagmar Müller-Buchalik von der Flattichschule in Korntal-Münchingen und macht sich mit ihrer Ethikgruppe auf den Weg. Ihren Bericht und die Eindrücke der Schülerinnen und Schüler veröffentliche ich gerne:

Die Ethikgruppe der Klassen 10a und 10b der Flattichschule machte sich auf den Weg, um einen dieser Orte live kennenzulernen, in denen Flüchtlinge untergebracht sind.

Ein Haus in der Paulinenstraße in Stuttgart, das früher ein Hostel für Rucksacktouristen war, war unser Ziel. Das frühere Inter-Hostel beherbergt heute 75 Flüchtlinge: Eritreer, Iraker, Syrer und Jesiden, vor allem junge Männer und auch Familien.

Besuch bei Flüchtlingen
Foto: © Dagmar Müller-Buchalik

Frau Cuk vom Caritasverband Stuttgart begrüßte uns im Aufenthaltszimmer, dort warteten schon einige junge Männer gespannt. In Zweierteams befragten wir in englischer Sprache unsere Interviewpartner. Ein Jeside zeigte uns Fotos von seiner Frau und seinen zwei Söhnen im Zelt auf der Flucht. Sie alle befinden sich immer noch im Flüchtlingslager. Wenn es möglich ist, telefoniert er ein- oder zweimal die Woche mit seiner Frau. Er ist traurig.

Merve (Kl. 10b) meinte: “Für mich war der Ausflug etwas sehr Besonderes, denn ich habe sehr viel dazugelernt. Als ich über das Thema „Flüchtlinge“ in der Zeitung und in den sozialen Netzwerken gelesen habe, hat es mich nicht so interessiert. Doch, wenn man mit einer Person, die so etwas selber erlebt hat, redet, tut es einem wirklich im Herzen weh. Ich hoffe, dass diese Zeit bald vorbei geht und die Welt wieder eins wird.“

Abubaker (Kl. 10a) ergänzte: “Ich fand es sehr gut, dass wir da hingegangen sind, dass wir die Erlaubnis hatten, mit einigen Flüchtlingen ein kleines Interview zu führen. Wir schenkten jedem eine Kleinigkeit. Wir haben Ibrahim, unserem syrischen Gesprächspartner, eine Tafel Schokolade geschenkt und eine Postkarte. Ich habe drauf geschrieben „Ich wünsche dir alles Gute im Leben“. Ibrahim konnte den Text selber lesen, wir mussten ihn nicht auf Englisch sagen. Unser Gesprächspartner hat sich gefreut wegen der Schokolade und der Karte. Er hat sich auch sehr herzlich bedankt. Mensch ist Mensch, egal ob Jude, Moslem oder Christ.“

Dagmar Müller-Buchalik, Flattichschule

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