Elsternest

Hochstapeln in der Sexualität (2)

Angela Steidele, Michael Kohtes, Thomas Meinecke und Ann-Christin Bolay (v. l. n. r.)
Angela Steidele, Michael Kohtes, Thomas Meinecke und Ann-Christin Bolay (v. l. n. r.)

 

In der zweiten Veranstaltung an diesem Abend erfahren die ZuhörerInnen wie es ist, wenn der Hochstabler entdeckt wird, wenn seine Machinationen aufgedeckt werden, sein Spiel mit angemaßten Identitäten scheitert. Ann-Christin Bolay, Mitorganisatorin des Festivals stellte zwei über die Grenzen der binären Geschlechteridentität hinaus Reisende vor. Zum einen Angela Steidele, die einen historischen Briefroman geschrieben hat, ganz in der Sprache des ausgehenden 18. Jahrhunderts und sich damit als raffinierte Quellenfälscherin zu erkennen gibt, wiewohl sie für ihre Doktorarbeit zum Thema Liebe und Begehren zwischen Frauen in der deutschsprachigen Literatur 1750–1850 recherchiert hat. Zum anderen den Querdenker, Musiker, Autor und „Feministen“ Thomas Meinecke, der aus seinem noch druckfrischen Roman Selbst las.

Angela Steidele erläutert ihr Konzept
Angela Steidele erläutert ihr Konzept

Im Vorwort zu dem Roman von Angela Steidele wird behauptet, dass eine gewisse Angela Steidele diesen Briefwechsel im Kölner Stadtarchiv bei ihren Recherchen gefunden hätte, ihn an sich genommen hätte und so dieses wertvolle Stück der Literatur vor dem Einsturz des Stadtarchivs für die Öffentlichkeit gerettet habe. Wäre ihr das nicht gelungen, hätte sie an diesem Abend nicht aus Rosenstengel lesen können. Die Geschichte einer gewissen „Rosenstengel“, der (die) einer Knopfmacherin und Soldatin „mit lederner Wurst“ zwischen den Beinen, die sich als Mann tarnte, eine Frau heiratete und 1721 wegen Sodomie, wie man Homosexualität damals nannte, hingerichtet wurde.

In dem Roman Selbst erzählt Thomas Meinecke von drei geschlechtlich nicht fest verorteten Personen, die androgyn, bi- oder transsexuell daher kommen. Ein Roman, der keinem Plot verpflichtet ist und die Erkenntnis vermittelt, die Welt sei eine Täuschung, mit durchaus emanzipatorischem Potenzial. Thomas Meinecke knüpft daran die Hoffnung auf eine weniger hierarchisierte, gewaltfreie Form der Sexualität.

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