Elsternest

Ulrike Schäfer – Nachts, nah bei uns

ulrike schäfer
Zwei, die sich mögen

 

Ulrike Schäfer stellte in der Stadtbibliothek Stuttgart am 20. November ihren ersten Band mit Erzählungen vor: Nachts, weit von hier. Gerade ist er im Klöpfer & Meyer Verlag erschienen. Obwohl in Würzburg ansässig, war es für sie ein Heimspiel. Sie fühlt sich in Stuttgart heimisch, ein viertel Jahr hat sie Anfang des Jahres im Schriftstellerhaus als Stipendiatin gewohnt.

Mit der Geschäftsführerin des Schriftstellerhauses Astrid Braun, verbindet sie eine Freudschaft, seit sie während ihres Stipendiums mit ihr über die Geschichten diskutiert hat, die nun den Band füllen. Diese freundschaftliche Beziehung trat in dem Gespräch zutage, das die beiden miteinander an diesem Abend führten. Drei Geschichten aus ihrem Band mit Kurzgeschichten las sie, begann mit der titelgebenden Geschichte „Nachts, weit von hier“.

Die Ich-Perspektive prägen die Geschichten von Ulrike Schäfer

ulrike schäfer Nachts, weit von hier
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Bei Ulrike Schäfer versteht man nicht gleich, ob die Ich-Perspektive aus der Sicht einer Frau oder eines Mannes geschrieben ist. Der Leser muss die Beschreibungen genau lesen, um diese Frage entscheiden zu können. Ulrike Schäfer hat, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei widmete, das Business-Leben einer „Free Lancerin“ gelebt. Die studierte Germanistin und Informatikerin arbeitete lange Zeit als Softwareberaterin, hat große Firmen beraten und lebte während ihrer Aufenthalte in den Städten ihrer Auftraggeber in Hotels, wie ihre Protagonistin in dieser bedrückenden Geschichte: Ein von Schlaflosigkeit geplagte Frau, die einen Übergriff auf eine Frau von ihrem Hotelzimmer aus beobachtet, von dem sie später nicht mehr weiß, ob er sich wirklich zugetragen hat oder nicht. Den Mut einzugreifen hatte sie nicht. Erst viel später meldet sie den Vorfall der Polizei und auf die Frage, wann und wo der Überfall stattgefunden hat, antwortet die Frau der Ich-Erzählung: „Nachts, weit von hier.“

Es ist der besondere Ton ihrer Geschichten, der aufhorchen lässt und große Spannung unter den Zuhörern erzeugt. Immer wieder rhythmisiert sie ihre Geschichten durch Dopplungen und man wünscht sich, die Geschichten mögen nicht aufhören, so einfühlsam schildert sie ihre Figuren. Daher auch die Frage aus der Zuhörerschaft, ob sie an einem Romanprojekt arbeite. Sie liebe die Strenge der Dramaturgie und wie sie auf engstem Raum eine Welt erschaffen könne, antwortete sie, ob sie das in einem umfangreicheren Romanprojekt umsetzten kann, ließ sie offen. Längere Texte verfasst Ulrike Schäfer fürs Theater. Gerade ist ein Stück entstanden, den Auftrag für ein weiteres Theaterstück hat sie soeben erhalten.

Die zweite an diesem Abend gelesen Geschichte, „Nele“ erzählt von der geglaubten, unendlich währenden Freundschaft zweier Mädchen. Bis die Pubertät einsetzt und das Interesse an Jungen die Perspektive – wieder eine Ich-Erzählerin – verschiebt. Und der tödliche Unfall der Freundin lässt sie ihr Leben lang nicht los.

Ein ins ungewisse geöffnetes Herz

Mit einer „hellen Geschichte“ beschloss Ulrike Schäfer ihre Lesung: „Gelika entdeckt die Liebe“. In dreißig alten Briefen an eine verflossene Liebe entdeckt sie die Liebe auf dem Dachboden, die sie vor dreißig Jahren erlebt hat und die sie aus ihrem Leben geschoben hat, um im Alltag funktionieren zu können. Die Lektüre dieser alten Briefe wirft sie aus der Bahn, so sehr, dass sie sich auf den Weg macht zu dem, in einem anderen Kontinent lebenden, Menschen. Und am Ende der Geschichte spürt Gelika, „… dass es anders ist, fühlt, wie es schlägt: ein ins ungewisse geöffnetes Herz.“

Ulrike Schäfer "Nachts, weit von hier"
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Nachts, weit von hier
Erzählungen
184 Seiten, geb. mit Schutzumschlag
Klöpfer & Meyer, Preis: 20,00 €
zu erwerben in jeder Buchhandlung Ihres Vertrauens

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