Elsternest

Populäre Kunst aus dem Kongo: Congo Stars

Aus urheberrechtlichen Gründen gibt es keine Bilder aus der Ausstellung!

Noch bis zum 30.06.2019 ist in der Tübinger Kunsthalle die wunderbare Ausstellung CONGO STARS zu sehen. Sie zeigt populäre Malerei von den 1960er-Jahren bis heute, Seite an Seite mit zeitgenössischer Kunst, die sich anderer Medien bedient. Alle, die die Demokratische Republik Kongo (früher Zaire) kennen, werden viele Motive wieder erkennen, aber auch die, die andere westafrikanische Staaten bereist haben. 150 Werke von etwa 70 kongolesischen Künstlerinnen und Künstlern werden präsentiert, die in Kinshasa, Lubumbashi, Brüssel oder Paris leben.

Congo Stars ist alles andere als eine „nationale“ Leistungsschau der Demokratischen Republik Kongo. Vielmehr vermischen sich reale Erfahrungen, Projektionen, Träume und Sehnsüchte von Künstlerinnen, die im Kongo und in Europa leben. Die Ausstellung entstand in Kooperation mit dem Königlichen Museum für Zentralafrika Tervuren, dem Kunsthaus Graz, dem Iwalewahaus in Bayreuth und PICHA in Lubumbashi. Einen kleinen Einblick in die Ausstellung versuche ich mit meiner Fotodokumentation zu geben:

Die Eifersucht ist bei Chéri Samba ein beliebtes Motiv. Hier stehen die Streitereien außerdem für die Situation in Kinshasa. Die beiden von Schaulustigen umringten Damen streiten vermutlich um den Maler Samba, der sebst auf der Mauer sitzend abgebildet ist und die Szene kommentiert ebenso wie die Personen um die Kämpfenden.

Moke: „Ohne Titel“ 1976

In dieser Barszene macht sich ein Mann ganz offen, trotz der Anwesenheit seiner Frau, an eine andere Frau heran, die sich, obgleich nicht sonderlich interessiert, von ihm zu einem Bier einladen lässt. Dreiecksgeschichten sind ein beliebtes Motiv bei Moke.

Moke: “ Polizei“ 1979

Die Polizisten der Gendamerie Nationale (G.D.N.) erhalten wie alle Polizisten in der DR Kongo nur ein geringes Gehalt und versuchen daher oft, ihr Einkommen durch die Annahme von Bestechungsgelder aufzubessern.

Moke „Kinshasa“ 1999

Das Bild zeigt eine improvisierte Straßenküche in Kinshasa. Auf einem umfunktionierten Ölfass wird Hünerfleisch gegrillt, dazu trinkt man Bier und ißt Colanüsse (auf den Tellern). Diese wirken stimulierend und werden als Zeichen der Freundschaft verschenkt.

Sim Simaro: „Makarina Luketo“ 1993

Solche Szenen habe ich oft in den Bars in Kinshasa erlebt.

Mann in Blau: „Schau diese Puppe, vor allem hat sie einen Traumkörper. Sag mal, soll ich mit ihr heimgehen?“
Mann in Grün: „Sie ist voll hübsch, aber … ich bin neuerdings Chist.“
Frau in Rot: „Wir genießen das Leben. Männer schaffen es nicht mehr, uns Frauen anzulocken.“
Frau in Gelb (singt ein bekanntes, sexuell konnotiertes kongolesisches Lied): „Lass uns unsere Körper berühren.“
Mann in Blau im Hintergrund: „Wir erleben die letzten Tage der Menschheit. Deswegen suchen die beiden unbedingt nach einem Ehemann und tanzen erotisch.“
Mann mit rotem Sakko: „Dralle Frauen, die uns zu verführen beginnen.“

Ange Kumbi: „Täuschung der Politiker“ 1999

Manuva Mani: „Les Viandes les plus préfèrées à Kinshasa (R.D.C.) – Chien et chat“ 2005

Die satirische Darstellung zeigt ein Restaurant. Auf der Menütafel werden Hunde- und Katzenfleisch angeboten (links unten). Das wird auch der Armut wegen oft verzehrt. Im Hintergrund eine Apotheke und ein Spital. Beide versinnbildlichen die für die Bevölkerung kaum mehr tragbaren Zustände.

Kimbambule: “ Phénomène cube Maggi utilisé comme suppositoire“ 2017

Aundu Kiala: „La crise et le chômage font pousser des églises en RDC“ 2005

Arbeitslosigkeit und andauernde Krisen tragen dazu bei, dass die Kirchen im Land an Bedeutung gewinnen. Vor allem selbst ernannte Propheten versprechen gegen Geld die Erfüllung aller Wünsche und die Erlösung von Problemen und Krankheiten. Für 100 Dollar wird etwa der Teufel bekämpft, besonders gläubige Anhänger werden für ihre Gebete belohnt. Reihum fallen die Anhänger in Ekstase. Menschen in Notlagen wenden sich vermehrt an selbst ernannte Propheten und traditionelle Heiler.

Tambwe: „Le ‚vrai‘ pasteur“

Gern wird die Doppelmoral der pfingskirchlichen Pastoren bloßgestellt, wie hier in Der wahre Priester. Links predigt er seiner Gemeinde, in der nächsten Szene flirtet er in einer Bar. Danach geht er mit der Frau ins Hotel, wo die beiden von deren Ehemann und der Polizei überrascht werden. Während der Priester flüchtet, bleibt die Frau kompromittiert zurück.

Ange Kumbi „Bar Scène“ 2002

„Ngnda“ meint ein Lokal. in dem man trinken, essen und tanzen kann. Übernachtungsgäste erhalten auch schon mal ein Schlafzimmer. Nicht alle Bars werden von Prostituierten frequentiert oder von Personen, die auf ein Abenteuer aus sind. Auch Ehepaare gehen gemeinsam aus. „Primus“ und „Skol“ sind die in Kinshasa meistverkauften Biermarken. Ich habe in meiner Zeit in Zaire bevorzugt „Primus“ getrunken.

Maître Syms: „Le Roi du Zaire“ 2007

Das Land unter Mobutu ist eingespannt in einen Schraubstock. Den massiven Verfall der Währung belegt der Maler mit ins Bild collagierten originalen Geldscheinen im Wert von 5 bis 500.000 Zaires. Die desolate Situation im Land illustriert er mit einer Prostituierten, mit Menschenknochen und einem Gefangenen. In erster Linie thematisiert der maler Mobutus Verfehlungen, Gewaltakte und die Plünderung der Staatskasse.

Cheri-Cherin: “ Nos Galcticos“ 2010

Das fiktive Fußballteam Los Galecticos besteht aus:
Silvio Berlusconi, Papst Benedikt XVI (als Torwart), Muammar Gaddafi, David Cameron, Jacob Zuma, Wladimir Putin, Ban Ki Moon, Lula da Silva (hintere Reihe)
Hu Jintao, Barack Obama, Osama Bin Laden, Mahmoud Ahmadinejad, Nicolas Sarkozy (vordere Reihe).

Chérie Samba: „Les Heros de la politique africaine“ 1997

Patrice Emery Lumumba (Kongo), Nkwame Nkrumah (Ghana), Jomo Kenyatta (Kenia), Julius Nyrere (Tansania), Rolihlahla Nelson Mandela (Südafrika).

Monsengo Shula „Embyon du 21ème siècle“ 2015

Hilaire Balu Kuyangiko: „Nkisi Numérique“ 2017
Langa Langa Stars waren in den 1980ziger Jahren eine sehr populäre Sokous Band in Zaire, heute DR Congo.

Vitshois Mwilambwe Bondo: „Color of Kinshasa (Tikose)“ 2010

In einer neunteiligen Fotoserie thematisiert der multimedial arbeitende Künstler Vitshois ein besonderes Phänomen der populären Kultur Kinshasas und Brazzavilles (Hauptstadt der Republik Kongo, gegenüber von Kinshasa gelegen): Die Sapeurs. Der urbane Raum, die Straßen und Bars sind die „Lebensräume“ dieser modernen Großstadt-Dandys. Sie pflegen im chaotischen Biotop der afrikanischen Metropelen den Kult der Eleganz, die Prunksucht, die Prahlerei, die Verführung und den Geschmack des Dernier Cri. Ihre Attitude ist insofern eine subversive, als sie sich über gesellschaftliche Konventionen hinwegsetzten. Unter dem Stil der Kunst verbigt sich der politische Körper – und Eleganz ist Ehrensache in Kinshasa.
Auch ich machte während meines Aufenthaltes in Kinshasa die Bekanntschaft mit diesen „Aufschneidern“, die auch gerne mal mit ihrem Geld prahlen.

Vitshois Mwilambwe Bondo

Vitshois Mwilambwe Bondo

Vitshois Mwilambwe Bondo

Verkehrsroboter in Kinshasa

Ein Projekt kongolesischer Ingenieurinnen. Das Video ist hier zu sehen.

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