Elsternest

Nachdenkzeilen – Über soziale Medien

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Solange wir uns in sozialen Netzwerken bewegen (Twitter, Facebook, Instagram etc.) geben wir unsere Daten an gewinnorientierte Unternehmen weiter. Wollen wir das? Jüngst hat der Grüne-Politiker Habeck angekündigt, seine Twitter und Facebook-Accounts zu löschen. NB.: Das ist natürlich nicht wirklich möglich, die Unternehmen behalten alle Daten und Aktivitäten von ihm in ihren riesigen Datenspeichern.

Habeck hat erkannt, dass die sozialen Medien die Sprache, die eigene Haltung und Reflexe normieren. Sie konditionieren die Nutzer, damit diese die maximale Resonanz erreichen. Die Betreiber dieser Plattformen sind Unternehmen, die mit einem hochprofessionellen Anreizsystem so viel Interaktion wie möglich erzeugen. Das dient ihrem Geschäftsmodell. Ihr Ziel: möglichst komplexe Nutzerprofile zu erstellen, um diesen ihre maßgeschneiderte Online-Werbung übermitteln zu können. Das unterscheidet sie grundsätzlich von öffentlich-rechtlichen Anbietern, die ohne Gewinninteressen Nachrichten verbreiten.

Die Betreiber der Social-Media-Kanäle haben mit aufwändigen Studien belegt, dass Zwischentöne die geringsten und Extrempositionen die höchsten Interaktionsraten generieren, also für sie die interessantesten sind. Was folgt daraus? Wir haben Debattenkanäle, die für Debatten ungeeignet sind, denn Hysterie wird mit Resonanz belohnt, während Moderates gefiltert wird. Deshalb sind Populisten so erfolgreich in den sozialen Medien. Und der einzelne Nutzer lernt mit der Zeit, was performt und was nicht. Das hat Habeck richtig erkannt, wenn er sein eigenes Verhalten beschreibt:

Twitter desorientiert mich, macht mich unkonzentriert, praktisch, wenn man in Sitzungen verstohlen aufs Handy schaut. Grundsätzlich, weil ich mich dabei ertappt habe, wie ich nach Talkshows oder Parteitagen gierig nachgeschaut habe, wie die Twitter-Welt mich denn gefunden hat. Und das ist die Schere im Kopf. Als wäre Politik eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Dass man so redet, wie es das Medium will. Ich möchte gern wieder konzentrierter sein, fokussierter und auf die lange Distanz geeicht, nicht auf den kurzfristigen Geländegewinn.

Habeck zu seinem Rückzug von Twitter und Facebook

Man sollte den Konflikt zwischen den Gewinninteressen von Social-Media-Services und den Ansprüchen der Demokratie in den Blick nehmen. Und unter diesem Blickwinkel diskutieren, ob ein Abgeordneter Kommunikationskanäle nutzen darf, die ihr Geld mit der gezielten Förderung von Extrempositionen verdienen. Eventuell könnte man damit auch das Anwachsen des Rechtspopulismus eindämmen.

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