Elsternest

Mein Herz tanzt – Ein außergewöhnlicher Film

Mein Herz tanztEin pralles Kaleidoskop an Geschichten, Erlebnissen und Gefühlen bündelt Regisseur Eran Riklis in dem exzellent erzählten und montierten, gleichzeitig leichten und politischen, erschreckenden und spaßigen Film „Mein Herz tanzt“.

Ethnische Minderheiten in Israel

Rund ein Fünftel der Einwohner Israels sind ethnische Araber: Sie dürfen wählen, werden aber nicht zum Wehrdienst eingezogen. Obwohl sie de jure alle Rechte und Freiheiten besitzen, klagen sie oft über Diskriminierung im Alltag und fühlen sich als Staatsbürger zweiter Klasse − in ihren Augen verdächtigt die jüdische Mehrheit sie der Illoyalität. Diese Konstellation nimmt der Film „Mein Herz tanzt“ zum Anlass, anhand des Schicksals des kleinen Eyads das Thema in den Blick zu nehmen. Der Regisseur Eran Riklis hat das in einer Tragik-Komödie umgesetzt. Das Drehbuch schrieb Sayed Kashua, der schon mit seiner Romanvorlage „Araber tanzen“ viel Autobiografisches hat einfließen lassen.

Der Plot

Der kleine Eyad wächst in einer arabischen Kleinstadt in Israel auf. Sein Vater musste sein Studium an der Universität in Jerusalem abbrechen. Er wurde als politisch engagierter Palästinenser der Verbindung mit Terroranschlägen verdächtigt. Nun ruht die Hoffnung der ganzen Familie auf dem hochbegabten Jungen. Als einziger arabischer Schüler bekommt er die Chance auf ein Jerusalemer Elite-Internat zu wechseln. Durch ein Sozialprojekt an der Schule kommt Eyad mit dem schwerkranken, jüdischen Yonatan in Kontakt, der an einer unheilbaren Muskellähmung leidet. Die anfängliche Fremdheit der beiden verwandelt sich in eine vertrauensvolle Freundschaft, die auch humorvoll mit gesellschaftlichen Rollenbildern umgehen kann: „Mach keine Krümel im Auto, sonst muss es später ein Araber wegmachen“, sagt Yonatan im Spaß zu Eyad.

Eyad muss den Kultursprung schaffen, von einer traditionsbewussten palästinensischen Familie zu einem völlig neuen Lebenskontext: Andere Musik wird gehört, mit anderen Essgewohnheiten muss er zurechtkommen. Rassistische Anfeindungen auf der Straße und Schikanen vom allgegenwärtigen Militär sind Alltag. Die Geschichte ist in den 1980er und 1990er Jahren angesiedelt, als viele der Gräben zwischen den Kulturen aufgerissen und vertieft wurden, die bis heute den Frieden in der Region in weite Ferne rücken lassen.

Ein Tanz zwischen den Kulturen

Die ganze Brisanz dieses Tanzes zwischen den Kulturen gewinnt an Tiefe durch die berührend erzählte erste Liebe zwischen Eyad und seiner jüdischen Mitschülerin Naomi. Vorsichtig nähern sich die beiden der Welt, der Sprache und dem Körper des anderen an. Sie müssen ihre Liebe bis zur Zerreißprobe heimlich leben, da beide Familien und die Gesellschaft dafür keinen Platz haben.

Als die Beziehung auffliegt verbieten Naomis Eltern ihr, weiter zur Schule zu gehen. Aus Liebe zu ihr verlässt daraufhin Eyad die Schule, sie darf zurückkommen. Er hält sich mit Aushilfsjobs über Wasser, als Araber scheint er zum Spüljungen verdammt. Bis er mit dem Pass des jüdischen Freundes den ersehnten Kellnerjob ergattert.

Derweil siecht sein erkrankter Freund Yonathan dahin. Eyad kümmert sich rührend um ihn und kommt währenddessen Yonathans Mutter näher. Als das Ende ihres Sohnes absehbar wird, sorgt sie sich ihrerseits um Eyads Wohlergehen. Als ihr Yonatan stirbt, treffen die beiden eine radikale Entscheidung und die Verhältnisse geraten vollens ins Tanzen.

Mit dem Film „Mein Herz tanzt“ ist Eran Riklis hochaktuelles Kino gelungen, mit emotionalem wie politischem Tiefgang. In Stuttgart läuft dieser außergewöhnliche Film im Delphi Arthaus Kino.

Mein Herz tanzt. Regie Eran Riklis. Mit Tawfeek Barhom (Eyad), Ali Suliman (Eyads Vater), Danielle Kitzis (Naomi), Michael Moshonov (Yontan), Yael Abecassis (Yonatans Mutter Edna)

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