Elsternest

Joachim Zelter rockt die LesBar

Joachim Zelter liest aus "Wiedersehen" im Café LesBar der Stadtbibliothek Stuttgart
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Joachim Zelters Lesungen sind immer amüsant und erheiternd. Das stellte auch Wolfgang Niess vom SWR fest, als er am 25. März den Autor in ein Gespräch verwickelte. Gleich nach ein paar einführenden Fragen las Joachim Zelter aus seiner gerade erschienenen Novelle „Widersehen“ und Wolfgang Niess genoss den satirisch-humoristischen Ton, ebenso wie die zahlreichen Zuhörer in der Stadtbibliothek Stuttgart.

Nach zwanzig Jahre treffen sich der Deutschlehrer Thorsten Korthausen und sein Schüler Arnold Litten wieder. Geplant, nicht spontan. Der ehemalig Schüler Arnold Litten fährt mit seiner Freundin in das Internat, in dem er sein Abitur ablegte und seine universitäre Karriere ihren Ausgangspunkt fand, um seinen Lieblingslehrer wieder zu treffen. Beide betrachten einander als Meilensteine ihres Lebens, denn auch Litten war der Lieblingsschüler von Korthausen, dem kühlen Hanseaten mit den ungewöhnlichen pädagogischen Fähigkeiten und unorthodoxen Unterrichtsmethoden. Joachim Zelter erzählt die Schulerlebnisse von Arnold Litten als Rückblende auf der Fahrt zur Wirkstätte von Arnold Littens Lehrer. Dass der Autor dieses Wiedersehen als zunehmend aus dem Ruder laufende Begegnung schildert, das zu einem bizarren Albtraum auswächst, ist bei Joachim Zelter nicht ungewöhnlich. Er liebt es, auf die Absurditäten des Alltags zu blicken.

Joachim Zelter vertraut seiner Intuition

„Widersehen“ ist, wie es auch die letzten Werke von Zelter sind, ein schmaler Band. Seine innere Intuition sage ihm, wann es genug ist. Beim Verfassen seiner Geschichten schiele er nicht auf den Buchmarkt, der Bücher von 200, 300 oder gar 500 Seiten bevorzugt, um einen hohen Verkaufspreis rechtfertigen zu können. Understatement sei allemal besser als Übertreibungen, meinte Joachim Zelter und erzählt mit Humor von den Auswüchsen im Literaturbetrieb. Sein erstes Buch hätte er etwa hundertfünfzig Mal an unterschiedliche Verlage geschickt, immer Absagen erhalten. Dann hat er angefangen, daraus vorzulesen und stellte fest, seine Zuhörer schliefen nicht ein, waren von seinem ironisch sarkastischen Stil angetan. Um überhaupt als Autor, der noch nichts veröffentlicht hatte, wahrgenommen zu werden, hätte er sich eine Vita zurechtlegen müssen, mit der es funktionieren könnte. Seine Strategie: ein Akademiker, der Schriftsteller sein will und dafür seine Hochschulkarriere aufgibt.

Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern

Viele seiner Werke kreisen um das Thema des Scheiterns. Allerdings sollte man auf hohem Niveau scheitern und das Scheitern steigern, wie Samuel Beckett es zu sagen pflegte. Die Schreiben an die Verlage sowie die Absagebriefe hat Joachim Zelter alle aufbewahrt. Die vielen Ordner sind Zeugnis seines eigenen Scheiterns. Heute ist Joachim Zelter ein etablierter Autor, der es mit seinem 2010 erschienenen Roman „Der Ministerpräsident“ immerhin bis auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis geschafft hat, obwohl sein Protagonist auch ein Scheiternder ist. Die Frage nach einem Durchbruch auf dem literarischen Parkett verneint er. Für Joachim Zelter sind z. B. die Autorin Sibylle Lewitscharoff oder der Autor Daniel Kehlmann Schriftsteller, die den Durchbruch geschafft haben, die in renommierten Verlagen erscheinen, wiewohl er diesen Verlagen misstraut. Oft würde schwer verständliche Literatur für angeblich gebildete Schichten dort verlegt. Ob man immer seinen Spaß damit hat, bezweifelt er leicht. Großen Spaß hatten auf jeden Fall die Zuhörerinnen und Zuhörer im Café LesBar der Stadtbibliothek Stuttgart mit „Wiedersehen“. Ein Text, frei von sakraler, sublimer Unverständlichkeit.

Ausschnitte aus der Novelle, vom Autor gelesen, gibt es auf der Homepage von Joachim Zelter.

Wiedersehen
Novelle
128 Seiten, geb. mit Schutzumschlag
Klöpfer & Meyer, Preis: 18,00 €
zu erwerben in jeder Buchhandlung Ihres Vertrauens

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