Elsternest

Ein Strauß voller Texte

Schreibwerkstatt von Simone Regina Adams - Lesung
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Das Schriftstellerhaus Stuttgart hat in Zusammenarbeit seiner ehemaligen Stipendiatin und Autorin Simone Regina Adams eine fortlaufende Schreibwerkstatt aus der Taufe gehoben. Während des Kurses sind unterschiedliche Werke entstanden. Einmal im Jahr stellen die Mitglieder der Schreibwerkstatt ihre Texte der Öffentlichkeit vor. Am 12. Juli war es wieder so weit, das kleine Haus in der Kanalstraße 4 war bis auf den letzten Platz besetzt. Was ist im letzten Jahr entstanden?

Brigitte Liebe beginnt den Abend mit einem Auszug aus ihrem Romanprojekt. Er ist in den fünfziger Jahren angesiedet und berichtet von einer sich anbahnenden Ehe, aus einer, wie man heute sagen würde, Long Distance Relationship.

Romanauszüge und Kurzgeschichten aus der Schreibwerkstatt

Ursula Gangl lässt in ihrer Kurzgeschichte „Begegnung“ im Gegensatz dazu den kurzen Moment einer Begegnung zwischen einer Frau und einem Vogel aufscheinen. Eine Frau im Bahnhofscafé beobachtet einen Spatz, der sich frech an ihren Kuchenteller setzt. Ob die Autorin nur sporadisch Bahn fährt? Sonst hätte sie nicht die Pointe der Geschichte schreiben können, dass die Icherzählerin zum ICE hetzt aber die Tür, nachdem sie verschlossen ist, noch öffnen kann. Ich war schon öfters in einer solchen Situation und hätte mir die Zauberkraft dieser Geschichte gewünscht.

David Paulitschek beweist mit seiner Kurzgeschichte, dass Humor immer gut ist bei einer Textlesung. Sein spritziger Text funktioniert wunderbar im mündlichen Vortrag. Auch zeigt sich an seinem Text, die Zuhörer werden eher mitgenommen bei einer abgeschlossenen Geschichte denn bei einem Romanausschnitt, wie ihn auch Ingrid Reinhard präsentiert.

Tobias Niethammer liest allerdings auch einen Romanausschnitt. Er ist auf die Zielgruppe der jugendlichen Leser ausgerichtet. Und was Tobias Niethammer an diesem Abend präsentiert ist überlegt und gut formuliert und zieht den Zuhörer sofort in die Geschichte hinein. Das mag auch daran liegen, dass der gelesene Ausschnitt mit wenig Personen auskommt und aus der Ich-Perspektive des jugendlichen Protagonisten gelesen ist. Der Zuhörer gerät dadurch nicht in Verwirrung, wie es passiert, wenn viele Personen in dem zu lesenden Romanausschnitt auftauchen, deren Rollen sich erst im Gesamttext erschließen.

Brigitte Maria Jacob liest über einen Küchenschrank, der dem Abend auch seinen Titel gegeben hat: Ich bin 45 Jahre alt und fürchte mich vor meinem Küchenschrank. Darin beschwört sie die Geister des Schankes. Der letzte Text des Abends von Katharina Harter kommt in Form einer Reisegeschichte daher. Auch hier verzaubert der feine Humor das Publikum, ähnlich wie der Text von David Paulitschek.

Es ist zu hoffen, dass die Mitglieder der Schreibgruppe von Simone Regina Adams weiter an ihren Texten arbeiten und wir im nächsten Jahr in einer Lesung Zeugen des weiter fortschreitenden Arbeitsprozesses werden können. Da wird wieder viel zu entdecken sein, denn, so Frau Adams, es wird in der Schreibwerkstatt hart um jedes Wort gekämpft.

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