Elsternest

Die neuen Rechten – gar nicht so neu

Dr. Michael Weingarten spricht über die Neuen Rechten
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Die Veranstaltung des Hannah-Arendt-Instituts beleuchtete am 9. Juni im Württemberger Kunstverein die Entstehung der Neuen Rechten in der Bundesrepublik. Dr. Michael Weingarten, Professor für Philosophie in Stuttgart und Marburg, erläuterte zu Beginn seines Vortrages die Herausbildung von Zeitschriften, die die Ideen des nationalkonservativen Gedankengutes in der Bundesrepublik befördern:

  • Die Junge Freiheit, die älteste, wurde 1986 in Freiburg von dem Studenten Dieter Stein (geb. 1967) gegründet. 1990 wurde dazu ein Verlag gegründet und die Junge Freiheit erscheint seit 1996 in Berlin.
  • Götz Kubitschek (Jahrgang 1970) ist Mitbegründer der neurechten Denkfabrik Institut für Staatspolitik (IfS) und seit 2020 Geschäftsführer des Verlags Antaios (bis 2012 Edition Antaios), seit 2003 verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift Sezession und Betreiber des später hinzugekommenen Blogs Sezession im Netz.
  • Die Blaue Narzisse, 2004 von Felix Menzel (Jahrgang 1985) in Chemnitz gründete.

Konservative Intellektuelle als Vordenker der Neuen Rechten

Der französische Philosoph Alain de Benoist (1943) wurde auch für die Neue Rechte in Deutschland ein wichtiger Vordenker. Er vertrat schon früh die These, die es auch in der Neuen Linken gab, dass der Intellektuelle im Prozess der gesellschaftlichen Bewusstseinstransformation die Änderung der politischen Verhältnisse betreiben müsse und forderte, die kulturelle Hegenomie von rechts durchzusetzen. Diesen Begriff des Marxisten Antonio Gramsci verwendete auch die Neue Linke im Zuge der Studentenrevolution.

Obwohl ideologisch konträr, gab es immer wieder Übertritte vom linken Lager ins rechte Lager. Hier wurde der Weggefährte von Rudi Dutschke aus dem SDS, Bernd Rabehl, genannt, aber auch Horst Mahler, der die RAF mitbegründete und später als Rechtsanwalt die NPD im Verbotsprozess vertrat. Als aktuelles Beispiel darf Jürgen Elsässer gelten der für die linke Zeitschrift Konkret schrieb. Der gehörte wie unser Landesvater Winfried Kretschmann einer maoistischen Splittergruppe an. Heute gibt Jürgen Elsässer die rechtskonservative Zeitung Compact heraus, mit der er die Idee einer Querfront publizistisch vorantreibt. Aber auch das SPD Mitglied Peter Brandt (Sohn von Willi Brandt) und hat sich mit seinen Publikationen in der Jungen Freiheit in die Debatten eingemischt.

Es ist auffallend, dass die führenden Köpfe der Neuen Rechten zum allergrößten Teil aus dem Westen kamen, heute sich aber in Sachsen verorten. Schon während der friedlichen Revolution von 1989 gab es stark nationalistische Töne in Dresden und Leipzig, die in Ost-Berlin nicht so deutlich zu Tage traten.

Sind Begriffe wie links und rechts noch aktuell?

Viele sprechen heute von der Auflösung der Begriffe links und rechts. Und es ist schon erstaunlich, dass beispielsweise die AfD in Sachsen Anhalt einen starken Stimmenzuwachs zulasten der Linkspartei verzeichnen konnte. Beide Seiten positionieren sich als „Gegenpositionen“:
Neurechte Ideologien – damals wie heute – entwickeln sich nicht eigenständig, sie brauchen eine Gegenposition. In den zwanziger Jahren war es eine Position gegen den Liberalismus, heute ist es eine Position gegen den Neoliberalismus, der alle sozialen Bindungen marktgängig macht. Die Neue Rechte greift explizit neoliberale Positionen an. Dabei vertritt sie eine nichtliberale Position: Im Mittelpunkt stehen für sie Kultur (die eigene), Ethnie, Rasse. Dies sind alles Kollektivsignaturen gegen das autonome Individuum. Außerdem argumentieren sie gegen die universalen Menschenrechte, die für sie nur im Westen gelten (damit für sie nicht universell sind). Mit dieser Position können sie gegen Menschen auftreten, die z. B. dem islamischen Glauben anhängen. Neurechte Parteien begreifen sich als Sprachrohr des „Volkswillens“. Bei diesen Ausführungen brachte Dr. Michael Weingarten Hannah Arendt in Stellung und kündigte an, dass weitere Veranstaltungen zum Thema Rechtspopulismus und Querfront in Vorbereitung seien. Die kommenden Veranstaltungen sind auf der Homepage der Anstifter gelistet.

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