Elsternest

Der Sound des Franz Dobler

Franz Dobler im Gespräch mit Thomas Klingenmaier
Franz Dobler im Gespräch mit Thomas Klingenmaier

 

Am 25. März 2017 las Franz Dobler im Rahmen der 8. Stuttgarter Kriminächte in Bad Cannstatt. Im hellen Deckenlicht stehend begrüßt die Leiterin der Stadtteilbibliothek, Alexandra Kirchner, die zahlreichen Gäste dieses Abends und Frau Eva Hosemann vom Vorstand des Vereins Stuttgarter Kriminächte e. V. lobt die herzliche Atmosphäre in dieser kleinen Stadtteilbibliothek am Ufer des Neckars. Das Deckenlicht wird ausgeschaltet und von nur zwei Tischlampen beleuchtet beginnen der Moderator, Thomas Klingenmaier, und sein Gast in verhaltenem Ton miteinander ins Gespräch zu kommen. Das ist am Anfang für den Redakteur im Kulturressort der Stuttgarter Zeitung nicht ganz einfach, er hat es mit einem introvertierten Autor zu tun, der sich im Gespräch eher verhalten denn in ausufernden Sätzen äußert. Darin scheint eine große Übereinkunft zwischen Autor und Werk zu bestehen, auch die Sätze in dem Roman Ein Schlag ins Gesicht sind kurz, knapp und präzise, hängen schon mal mit offenem Ende wie kalter Rauch in einer Kneipe im Raum.

Auf dem Buchdeckel steht als Gattungsbezeichnung Kriminalroman

Auf dem Buchdeckel steht zwar Kriminalroman aber Franz Dobler weiß nicht so recht, ob es der passende Gattungsbegriff ist. Es ist auch ein psychologischer Roman und ein Milieuroman. Heute wird ja der größte Teil der Mainstreamliteratur der Gattung Krimi zugeordnet: Die anderen Literaturarten würden wie Fachliteratur auf speziellen Tischen in den Buchhandlungen präsentiert, beschreibt Thomas Klingenmaier die Ordnung in den Buchläden.

Als Franz Dobler seinen ersten Krimi zu schreiben begann, war ihm noch nicht klar, ob es eine Fortsetzung geben würde aber schon bevor er das Manuskript beendet hatte, stand für ihn fest, sein Ermittler Robert Fallner würde ihn weiter beschäftigen. Franz Doblers Freundschaft mit einem Regisseur, mit dem er häufig während des Schreibprozesses diskutierte, trug dazu bei, dass er seine Romane eng an die Schnitttechnik im Film anlehnte.

Am Ende des ersten Fallner Krimis, Ein Bulle im Zug, der seinen Helden auf eine schier endlos lange Zugfahrt quer durch die Republik schickt, stand dessen Entlassung aus dem Polizeidienst. Diese Vorgeschichte zu Ein Schlag ins Gesicht wurde 2015 mit dem ersten Platz beim Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Für die Fortsetzung bekam Franz Dobler 2016 den dritten Platz beim Deutschen Krimipreis.

Nach zwanzig Bullenjahren ist Faller Ex

Zwanzig Jahre war Fallner Polizist, dann hat er hingeschmissen. Er hatte im Dienst einen kriminellen Jugendlichen erschossen, der die Waffe auf ihn gerichtet hatte. Der Ex-Bulle Robert Fallner heuert bei der Securityfirma seines Bruders an und sucht nach dem Stalker eine Ex-Schauspielerin in seinem Ex-Revier. Sie hat den Auftrag an seinen Bruder gegeben, ihr den fiesen Stalker vom Hals zu halten. Die ehemalige Sex-Darstellerin Simone Thomas hat schon einiges hinter sich: zwei Ehemänner, dreiundvierzig Jahre Showgeschäft, dutzende Nacktfotos, diverse Filmproduktionen, Drogenexzesse, Yellow-Press-Skandale. Franz Dobler schickt seinen Held Robert Fallner gefährlich nahe heran an diese exzentrische Diva, deren Stalker unberechenbar ist, eben wie „Ein Schlag ins Gesicht“.

Robert Fallner ist ein Mann mit Problemen. Mit seinen Kumpel Punkarmin, 55 Jahre, führt er Männergespräche in „Bertls Eck“ und sie spülen den Ärger, den sie an den Hacken haben, mit Bier hinunter.

Die Sprache Franz Doblers an dem Sujet angepasst

Franz Dobler erzählt eher mosaikhaft, episodisch, vermischt Narratives mit inneren Monologen, mit Reflexionen und Anekdotischem in kurzen, knappen Sätzen, an denen er lange überlegt hat, wie er an diesem Abend preisgibt. Mit herrlichen Sprüchen und auf den Punkt genau sitzenden Dialogen beschreibt er seine Helden oder besser gesagt, seine Antihelden in der alten Münchner Kneipenszene rund um den Hauptbahnhof. Er ist stets auf der Suche nach dem richtigen Sound in seiner Sprache, hat einen hohen Sinn fürs Komische, fürs Bizarre und fürs Poetische. Und wenn er Brutales beschreibt, ist seine Sprache ungeschliffen. Da ist er ganz nah dran an den Großen des Kriminalromans wie Elmore Leonard, den er als Vorbild angibt. Der hätte einmal gesagt: „Kümmere dich nicht darum, was deine Mutter von deiner Sprache hält“. Franz Dobler ist nicht an Pathologieberichten interessiert, aus denen seine skandinavischen Kollegen bei der Suche nach Serienkillern so gerne und oft zitieren. Auch sind die Crime-Elemente eher spärlich gesät, und mancher Leser hat schon kritisiert, dass das nicht als Krimi bezeichnet werden sollte.

Damit ist er sehr nah an dem Großmeister des lakonischen Krimis, Friedrich Ani, der seinen Ermittler Tabor Süden auch als einen beschreibt, der sich in Kneipen „bebiert“ und eher schweigt als große Reden schwingt.

Ein Schlag ins Gesicht
Roman
365 Seiten, geb. mit Schutzumschlag
Klett-Cotta, Tropen, Preis 19,95 €

Zu erwerben in jeder Buchhandlung Ihres Vertrauens, die in Bad Cannstatt die Buchhandlung „Wagner“ in der Marktstraße 34 sein könnte

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